Translate

Sonntag, 14. Juni 2009

Die offizielle Vorstellung
















ist die wolfwinkelhalle gestern abend aus allen nähten geplatzt oder haben sich drei hanseln verloren? dieter sigwart, organist, eine bekanntschaft aus dem "bierhäusle", schrieb heute in einer mail: "hat leider nicht gereicht, gestern in die halle zu kommen. habe aber an euch gedacht. um 3 minuten vor 18 uhr, ob der ewald jetzt mit der jungen frau wohl alleine in der halle ist? war hoffentlich nicht so."

ewald ist der hausmeister der wolfwinkelhalle, den ich am gleichen abend im "bierhäusle" kennengelernt habe wie den organisten. nein, ewald und ich waren nicht allein. bei strahlendem sonnenschein kamen etwa 35 personen. das fand ich für hiesige verhältnisse und unter berücksichtigung, dass für viele das verhältnis zu ihren kühen wichtiger ist als zum osten, viel. dazu kamen natürlich noch die mitglieder vom verein "kreatives eisenbach". und der bürgermeister von eisenbach, alexander kuckes. lustig ist, dass der bürgermeister einer gemeinde, in der die kuckucksuhr zu hause ist, kuckes heisst. aber das nur am rande. drei junge frauen spielten mit akkordeon, klarinette und geige als "trio olga b" klezmermusik - mal rührend, mal lustig, mal melancholisch. sehr passend zur lesung aus einem ost-west-roman.

roswitha stemmer-beer vom verein stellte mich als die dorfschreiberin vor, die "doppelt sieht": mit einem ost- und einem westauge. als sie ankündigte, dass ich eventuell die eine oder andere sächsische einlage machen werde, musste ich ihr leider ins wort fallen. "das glaube ich nicht", sagte ich. "der hausmeister hat gesagt, den ton abzudrehen, wenn ich sächsisch spreche." das hat ewald, der schlawiener, vor der lesung zu mir gesagt. wahrscheinlich ist er noch immer enttäuscht, dass ich die hälfte von dem, was er mir in der dorfschenke erzählt hatte, vergessen habe.

ähnlich vergnüglich ging es weiter. mit bürgermeister kuckes, vier jahre jünger als ich und seit fünf jahren hauptamtlicher beamter auf zeit. der stellvertretende vorsitzende des abwasserzweckverbandes eisenbach-vöhrenbach, mitglied der verbandsversammlung des zweckverbandes hochschwarzwald, stellvertretendes mitglied des aufsichtsrates der hochschwarzwald tourismus GmbH, mitglied der verbandsversammlung des regionalverbandes südlicher oberrhein, mitglied des verwaltungsrates der sparkasse hochschwarzwald, mitglied der wirtschaftsförderung region freiburg, mitglied des kommunalen beirates der energiedienst rheinfelden, stellvertretendes mitglied der LEADER-aktionsgruppe südschwarzwald, mitglied des vorstandes der eisenbacher autorenstiftung, mitglied des vorstandes des fördervereines eisenbacher bad-lifte, mitglied der architektenkammer baden-württemberg und dreifacher vater, griff in seinen begrüssungsworten den "doppelten blick" seiner vorrednerin auf. "ich dachte, dass sich dieser ausdruck auf den abend neulich im bierhäusle bezieht", sagte er spitzbübisch. und verriet: "ich bin fast zu spät gekommen, weil ich im schwarzwaldtagebuch der dorfschreiberin gelesen habe." ja, dachte ich, selbst dran schuld, dass alle welt weiss, dass ich betrunken war, wenn ich das im tagebuch ausposaune. aber dass im osten viel gesoffen wurde, ist ja bekannt.

derart eingestimmt verlief der abend dann recht harmonisch. das publikum hat interessiert gelauscht, bäuerin silvia vom beierleshof, auf dem ich wohne, die mit tochter ramona gekommen war, meinte, die lesung wäre wie ein hörbuch gewesen. "ich hätte ewig zuhören können." das hat mich natürlich gefreut.

nach dem "klassenfeind" habe ich einige ost-west-kolumnen aus der taz zum besten gegeben und dann versucht, mit den schwarzwäldern ins gespräch zu kommen. was trennt uns? was verbindet uns? was wissen wir voneinander? wie fällt ihr fazit 20 jahre mauerfall aus? ergebnis: viel wissen wir nicht voneinander. den ostlern wurde vieles übergestülpt, einige fehler wurden unter dem großen zeitdruck begangen, heute wäre man bei manchem schlauer. als ich bürgermeister kuckes fragte, wie viele zugezogene ostler in seiner gemeinde leben, zuckte er mit den schultern. und sprach aus, was ich mir schon gedacht hatte: dass das möglicherweise viele einheimische auch nicht so sehr interessiere. trotzdem dauerte die ganze veranstaltung, für die der verein "kreatives eisenbach" getränke und häppchen reichte, fast drei stunden! der rektor der lichtenbergschule in eisenbach sprach mich zum schluss an und fragte, ob ich an seiner schule lesen würde. aber gern! vielleicht wird der schwarzwald doch noch rot.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen